Content Delivery – Was ist das eigentlich?

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Content Delivery ist in der Technischen Dokumentation als Begriff in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus gerückt. Aber was ist Content Delivery eigentlich? Wozu braucht man dies? Was ist ein Content Delivery Portal (CDP)? Hat das etwas mit Content Delivery Networks (CDN) zu tun?

Wozu benötigen Kunden technische Inhalte?

Schauen wir uns zunächst typische Szenarien an, warum Unternehmen Inhalte zu ihren technischen Produkten bereitstellen:
• Bedienungsanleitungen auf den Webseiten reduzieren die Nachfragen von Kunden, die ihr gedrucktes Exemplar nicht mehr auffinden können. Das spart Kosten und erhöht die Kundenzufriedenheit und -bindung.
• Wartungs- und Reparaturinformationen reduzieren den internen Kommunikationsaufwand im Service und erleichtern die Lösung von Wartungsfällen.
• Im Call-Center wird die Erstlösungsquote, „First fix rate“ (FFR), deutlich erhöht, indem alle relevanten Produktinformationen zur Diagnose und Lösung von Problemen bereitgestellt werden. Dabei ist es unerheblich, ob mit dem Call Center nur die Außendiensttechniker oder auch Endkunden versorgt werden.

„Das ist doch alles nichts Neues“, werden Sie sagen. Und damit haben Sie auch Recht. Viele Unternehmen machen das bereits und ziehen daraus ihren Nutzen.

Führende Hausgerätehersteller stellen bspw. ihre Bedienungsanleitungen online zum Download bereit. Sie müssen nur die Typennummer eingeben und gelangen zu einem Bereich, in dem Sie Zugriff auf die zugehörige Bedienungsanleitung und einfachen Informationen zur Störungsbeseitigung haben.

Daran ist grundsätzlich nichts falsch. Die Präsentation der Informationen, deren Zugriff und die Navigation sind nicht gerade nutzerfreundlich. „Das müsste doch einfacher und schneller gehen“, denkt man sich.

Amazon als Vorbild

Komplexe Informationen schnell und einfach finden? Sofort kommt einem die Amazon-Weboberfläche in den Sinn. Alleine auf der deutschen Seite werden schätzungsweise rund 240 Millionen Produkte angeboten.

Trotz der immensen Menge an Produkten bietet Amazon eine einfache und intuitive Navigation sowie Filterung an, die meist auf einer Bildschirmseite Platz finden. Der Kunde ist somit in der Lage, schnell ein passendes Produkt zu finden. Wenn man bei Amazon nach „Waschmaschine“ sucht, wird das deutlich.


Content Delivery ermöglicht die schnelle Suche bei Informationen für technische Produkte

Ist etwas Ähnliches auch bei technischen Produkten möglich? Ja, dank Content Delivery!

Content Delivery fasst Methoden zusammen, den Benutzern Informationen kontext- und zielgruppengerecht bereit zu stellen. Ein sogenanntes „Content-Delivery-Portal“ setzt dies webbasiert um und ermöglicht den Nutzern den schnellen Zugriff auf die gesuchten Informationen.

In dem Sinne ist die Amazon-Website tatsächlich ein Content-Delivery-Portal – beschränkt allerdings auf Verkaufs- und Produktinformationen.

Bei technischen Informationen (z. B. Betriebs-, Wartungs-, Diagnose- und Reparaturanleitungen) gehen die Anforderungen weit darüber hinaus. Es genügt nicht, ein Dokument, das viele Themen behandelt, als Ganzes zu finden und dann das Herauspicken der relevanten Information dem Nutzer zu überlassen.

Beispiel: Wenn man ein Problem mit Waschmittelrückständen auf der Kleidung hat, möchte man gezielt nur die Informationen bekommen, die das Problem löst. Das Ergebnis soll nicht die ganze 200-seitige Bedienungsanleitung, sondern genau der Inhalt („Topic“) sein, der das Thema behandelt.

Man könnte mit einer Suche nach „Waschmittelrückstände“ im Portal starten. In „Amazon“-Manier öffnet sich nun ein ganzer Fächer an „Facettierungen“ (das sind die Kategorien am linken Rand), mit denen man den Kontext eingrenzen kann, z. B. nach Hersteller und Modell, vielleicht sogar nach Waschprogramm. Jede Eingrenzung macht das Ergebnis genauer.

Und wie bietet man selbst Content Delivery an?

Nun, fangen wir mit den Daten an. Im einfachsten Fall sind technische Dokumente rund um die Produkte als PDF vorhanden. Diese lassen sich schnell und einfach in ein Content-Delivery-Portal importieren.

Diese Dokumente stellt man zur Ansicht oder zum Download bereit, wodurch sie über Volltextsuche und Dateinamenskonventionen auffindbar sind.

Allerdings: Wird dadurch ein kontext- und zielgruppengerechter Zugang zu den gewünschten Informationen erzielt? Wohl eher nicht.

Selbst die guten Content-Delivery-Portale, die nicht nur die Dokumente als Ganzes als Treffer, sondern auch direkt die Seiten mit den Fundstellen anzeigen, erzielen keinen größeren Mehrwert.

Metadaten sind der Schlüssel

Um die kontext- und zielgruppengerechte Erschließung zu ermöglichen, muss man einen Schritt weiter gehen. Dabei sind Metadaten das A und O. Sind die Dokumente mit Metadaten klassifiziert, können diese im Content-Delivery-Portal ausgewertet werden, um Navigation und Facettierung aufzubauen und die Suche viel effizienter zu machen.

Die Klassifikation mit Metadaten wird in den technischen Redaktionen vollzogen, welche die technischen Dokumente in ihren Redaktions- oder Content-Management-Systemen erstellen.

Wie erstellt man Metadaten?

In den letzten Jahren hat sich die topic-orientierte Arbeitsweise etabliert. Statt ein großes monolithisches Dokument zu erstellen, stellt man dieses aus kleineren Topics zusammen, die selbst mit Metadaten versehen werden. Ein Topic ist ein in sich geschlossenes Textmodul, das sich auf die Beantwortung einer Frage konzentriert.

Bleiben wir bei unserem Waschmaschinenbeispiel: Einige typische Topics sind „Bedienfeld“, „Wäsche vorbereiten“, „Wäsche einfüllen“, „Waschmittel dosieren“ „Programm starten“, „Störungen“.

Folgt man konsequent diesem Konzept, hat das zur Folge, dass auch im Content-Delivery-Portal eben diese Topics neben dem Dokument bereitgestellt werden können und – Sie ahnen es schon – dadurch wird es möglich, die Fragestellungen der Nutzer punktgenauer zu beantworten. Die Suche nach „Waschmittelrückstände“ wird nun mein Topic, das sich mit der Problemlösung beschäftigt.

Content Delivery muss den Nutzer verstehen!

Nun hat man also Metadaten und Topics, wodurch der Nutzer mithilfe der Suche nach „Waschmittelrückständen“ und der Modellbezeichnung die Lösung finden kann.

Aber halt! Würde der Kunde wirklich wortwörtlich nach „Waschmittelrückständen“ suchen? Weiß er, dass die Flecken, die er auf der Kleidung sieht, Waschmittelrückstände sind?

Die Begriffe in den Metadaten können sich völlig von dem unterscheiden, womit ein Nutzer an eine Suche herangeht. Er sieht vielleicht im ersten Moment nicht, dass es Waschmittelrückstände auf seiner Kleidung sind, er sieht nur Flecken oder Schmutz.

Eine Klassifizierung des Topics mit „Waschmittelrückstände“ ist daher aus Sicht des Herstellers zwar fachlich richtig und eindeutig, jedoch aus Sicht des Nutzers völlig irrelevant. Die Redaktion muss sich also in den Nutzer hineinversetzen und redaktionelle Begriffe aus der Erfahrungswelt des Benutzers abbilden.

Dies wird mit einem Wissensmodell im Portal, das Begriffe in Relationen setzt und endlich auch die Facettierung aufspannt, erreicht.

Der beste Freund des Nutzers – das Wissensmodell

Im Wissensmodell sind Taxonomien und Synonyme abgelegt. Die Taxonomien spannen die Facetten auf, die Synonyme bilden den Sprachgebrauch des Benutzers in den Dokumenten und Topics ab.

Schauen wir uns das für „Waschmittelrückstände“ an. „Waschmittelrückstände“ könnte man unter „Flecken“ einsortieren. Daraus entsteht eine kleine Taxonomie, bestehend aus dem Oberbegriff „Flecken“ und dem Unterbegriff „Waschmittelrückstände“.

Ferner können wir „Schmutz“ als Synonym für „Flecken“ im Wissensmodell hinterlegen. Das hat zur Folge, dass bei der Suche nach „Schmutz“ auch der Begriff „Flecken“ gefunden wird und damit die Facetten für Flecken zur weiteren Verfeinerung der Suche dem Nutzer verfügbar sind.

Man könnte sich jedoch fragen: Ist hier nicht etwas dick aufgetragen mit der Bezeichnung „Wissensmodell“?
Unser Beispiel zeigt tatsächlich nicht viel mehr als Terminologie (Begriffe und Bezeichnungen) und Taxonomie (hierarchische Klassifizierung). Ein Wissensmodell kann noch viel mehr. Da dieses komplexe Thema allerdings den Rahmen des Beitrags sprengen würde, werden wir dieses in einem späteren Blogbeitrag aufgreifen.

Zielgruppengerechte Informationen durch Content-Delivery-Portale

Fassen wir zusammen:
• Content-Delivery-Portale stellen webbasiert kontext- und zielgruppengerecht Informationen bereit.
• Informationen sind Dokumente und Topics, oft in PDF- und HTML-Format.
• Redaktionelle Metadaten klassifizieren die Informationen auf Dokument- und Topic-Ebene.
• Durch die Wissensmodellierung wird die Facettierung im Portal aufgebaut und die begriffliche Welt der Benutzer auf die redaktionelle Klassifikation abgebildet.

Kommen wir noch zu einer unserer Ausgangsfragen zurück zur abschließenden Beantwortung: Content Delivery Portale und Content Delivery Networks haben nichts miteinander zu tun. Bei letzterem geht es um die regional verteilte Auslieferung, insbesondere großer Mediendateien über das Internet um Latenz- und Bandbreitenprobleme im Internet zu umgehen. Um die Erschließung von Informationen geht es hierbei nicht.