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Service als Wettbewerbsfaktor

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Vor nicht allzu langer Zeit konnten sich deutsche Unternehmen noch relativ sicher sein, dass sie technologisch und qualitativ die fortschrittlichsten Produkte auf den Markt bringen. Dieser Vorsprung ist inzwischen geschmolzen. Die Kommoditisierung der Produkte nimmt immer weiter zu und macht es zunehmend schwieriger, sich technologisch vom Wettbewerb zu differenzieren. Daher müssen sich Unternehmen stärker auf ihre Kunden fokussieren und Services mit zusätzlichem Mehrwert anbieten, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. 

„40 Prozent der deutschen Industrieunternehmen vor Ort in China glauben, dass in 5 Jahren ihre chinesischen Wettbewerber die Innovationsführerschaft in ihrem spezifischen Geschäftsfeld übernehmen werden.“

Dieses Zitat stammt aus der Studie „Greater Shanghai Innovation Survey 2018“, durchgeführt von der Deutschen Außenhandelskammer China, der Tongji Universität und dem Beratungsunternehmen goetzpartners. 

Was hat das mit den Services der Zukunft zu tun?

Vor nicht allzu langer Zeit konnten sich deutsche Unternehmen noch relativ sicher sein, dass sie technologisch und qualitativ die fortschrittlichsten Produkte auf den Markt bringen. Dieser Vorsprung ist inzwischen geschmolzen. Die Kommoditisierung der Produkte nimmt immer weiter zu und macht es zunehmend schwieriger, sich technologisch vom Wettbewerb zu differenzieren. 

Daher müssen sich Unternehmen stärker auf ihre Kunden fokussieren und Services mit zusätzlichem Mehrwert anbieten, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. 

Sich immer schneller verändernde Kundenerwartungen sind die eigentlichen Treiber bei der Einführung von neuen Servicedienstleistungen

So haben sich Services im B2C-Bereich in den letzten Jahren schnell entwickelt und diese Dynamik wird auch in den nächsten Jahren weiterhin anhalten. Die Erwartungshaltung aus unserem Alltag an das Serviceniveau überträgt sich zunehmend auch auf die klassischen B2B-Bereiche. Und auch hier sind uns die USA und China bereits voraus, denn deren Konsumenten und Unternehmen sind offener für innovative Geschäftsmodelle und digitale Services. Und dieser Vorsprung kann auch dazu benutzt werden, sich auf dem mitteleuropäischen Markt als disruptive Kraft zu positionieren und somit etablierte Anbieter anzugreifen. 

Weiterhin treiben immer schnellere Konjunktur- und Innovationszyklen den Umsatz und die Umsatzvolatilität. Gerade die wiederkehrenden Umsätze in Form von Services können hier dabei helfen, die Volatilität des Neuanlagengeschäfts zu dämpfen. 

Was können Unternehmen im Fertigungsbereich tun, um dem entgegen zu wirken? 

Die Antworten darauf sind:
Höhere Wettbewerbsfähigkeit und stärkere Kundenbindung herstellen durch werthaltige und kundenzentrierte Serviceangebote. Der Kundenservice wird gerade im verarbeitenden Gewerbe zum neuen Vertrieb und Marketing und schafft es durch den Aufbau partnerschaftlicher Kundenbeziehungen, ein langfristiges Geschäft mit neuen Produkten, anderen Geschäftsmodellen und hohen Margen zu generieren.

Warum verfügt gerade der Service dabei über ein hohes Entwicklungspotenzial?

Der VDMA identifizierte zusammen mit goetzpartners in der Studie „Fit for Service“ Handlungsfelder und Erfolgsfaktoren, an denen sich Unternehmen orientieren können, um ihr Service-Geschäft auszubauen. Mit dem „Fit for Service“-Ansatz können VDMA-Mitgliedsunternehmen ihr aktuelles Service-Geschäft anhand wichtiger Kennzahlen bewerten und erkennen, in welchen Bereichen Umsatz- bzw. Ertragspotenzial liegt. 

Dabei zeigte sich, dass die Unternehmen mit den besten Service-Organisationen 70 Prozent mehr Umsatz im Service machen als durchschnittliche Unternehmen. Gleichzeitig sind diese dabei signifikant profitabler. Auffällig ist, dass die überdurchschnittlichen Performer nicht nur in den klassischen Kundendienstleistungen sehr gut aufgestellt sind, sondern auch neue Geschäftsmodelle anbieten und sich wesentlich stärker auf den Kunden konzentrieren. Eben diese neue Kundenzentrierung ist das wesentliche Element von Service 4.0. 

Das Ziel ist, den Kunden in den Mittelpunkt zu rücken und dabei neue Service-Produkte und Geschäftsmodelle entstehen zu lassen, welche die Kundenbindung und -zufriedenheit deutlich erhöhen. Der VDMA hat festgestellt, dass der Anteil des Service am Gesamtumsatz in den letzten 20 Jahren bereits von 12 auf 20 Prozent gestiegen ist.
Unternehmen bewegen sich demnach weg vom Service 1.0, dem klassischen After-Sales, Ersatzteil- und Wartungsgeschäft, hin zu Lösungen, bei denen das eigentliche Produkt nur noch ein Teil des Gesamtangebots für den Kunden ist.

Vom Service 1.0 zum Service 4.0

Service 1.0 ist häufig noch geprägt durch das Ziel des Service als Vertriebsunterstützung zum Verkauf ihrer Kernprodukte. Dabei geht es primär um Zeit und Material. Sie liefern Ersatzteile und entsenden Servicetechniker zur Problembehebung. 

Bieten Unternehmen darüber hinaus Services als Beratungsleistungen für Upgrades, Retrofits oder Maschinenoptimierungen und als Hochverfügbarkeitslösungen an, dann erweitert sich dieses Spektrum. Häufig werden solche Services auch mit neueren Produkten oder Technologien verbunden. Es handelt sich um Service 2.0 als produktbezogener Professional Service. 

Die nächste Stufe ist Service 3.0 – Industrieunternehmen als sogenannte „As a Service-Lösungsanbieter“. Hier setzt bereits der Paradigmenwechsel hin zum Lösungsabieter ein. Der weitere Einsatz neuer Digitalisierungstechnologie, gepaart mit dem Verständnis für Daten und dem Einsatz künstlicher Intelligenz zur Datennutzung, führen zum Service 4.0: das digitale Plattformgeschäft. 

Unternehmen mit Service 4.0-Angeboten bieten erfolgs- oder nutzenbasierte Geschäftsmodelle an und integrieren häufig auch noch ihr Ecosystem aus Partnern, Entwicklern oder eigenen Kunden in diese Modelle. Der Service wird selbst zum Produkt und wird zum entscheidenden Alleinstellungsmerkmal im Vergleich mit den Wettbewerbern.

Der schrittweise Weg hin zum Service 4.0

Der Wandel des Geschäftsmodells, die damit verbundene Digitalisierung und die Veränderungen in den Kernfähigkeiten eines Unternehmens können jedoch nur schrittweise erfolgen. Um eine vollständige Kundenzentrierung zu erreichen, müssen zunächst die Grundlagen gelegt werden. Dazu müssen zwischen den einzelnen Service-Stufen auch bestimmte Bedingungen und Voraussetzungen erfüllt sein. 

Zu Beginn steht immer die Kenntnis über Kundenbedürfnisse und die eigenen Produkte im Mittelpunkt:

Wo befinden sich meine Produkte im Feld und in welchem Zustand sind diese?
Wie gut kenne ich meine Serviceprodukte im Wettbewerb und meine Profitabilitäten?
Welche Serviceprodukte können sinnvollerweise angeboten werden?
Wie kann man das Angebot und die Bedürfnisbefriedigung der Kunden optimieren?

Die Organisation muss so aufgestellt sein, dass eigene Leistungsanreize und ein eigenständiges P&L Reporting in den neuen Produktfeldern entsteht, um Mitarbeiter weiterzuentwickeln, die Technologien für Digitalisierungsprojekte zu etablieren und die Services stärker als Produkte zu vermarkten. 

Um tatsächlich weiterführende Services anbieten zu können und Kunden verstärkt zu binden, ist eine umfassende Kenntnis und Transparenz über den Kunden notwendig. Der Kundennutzen und der Einsatz der Produkte sollte genau verstanden werden. Gerade dann, wenn die Zusatzangebote komplexer werden, wie bspw. bei “as a Service“-Angeboten. 

Um diese Veränderungen auch tatsächlich liefern zu können, muss eine immer weiter voranschreitende Transformation der Serviceorganisation, der Mitarbeiter und später auch großer Teile des Unternehmens erfolgen. Auch die intensivere Nutzung von digitalen Lösungen und Technologien hilft, diese Optimierung zu erreichen. Für neue weiterführende Geschäftsmodelle ist die Digitalisierung unerlässlich. 

Der Kunde muss in die Leistungserbringung optimal integriert werden und Nutzungsdaten kontinuierlich ausgewertet und der Produkt- und Serviceoptimierung zugeführt werden. 

Daher müssen sich Unternehmen, die sich auf den Service-Stufen zum Service 3.0 und Service 4.0 weiterentwickeln, stärker mit datenbasierten Analysen, IIoT-Integration, Cloudlösungen, KI-basierten Automatisierungsmöglichkeiten und dem Aufbau eines Plattform-Ökosystems fokussieren.

Schlussendlich bleibt festzuhalten: Beim Paradigmenwechsel ist die Technologie einer der Schlüsselfaktoren. Data Analytics, künstliche Intelligenz und digitale Assistenten eröffnen neue Möglichkeiten, die den Service in den nächsten Jahren völlig verändern werden. Der Wertbeitrag und die Relevanz des Kundenservice steigen beständig – Service wird das neue Marketing und eine positive Kundenerfahrung ist dafür die Erfolgsbasis. Unternehmen müssen sich digitalisieren und neuen Geschäftsmodellen öffnen. 

Quellen:
www.goetzpartners.com/de/publikationen/publication/industrial-internet-of-things